Noch mehr Windkraft im Landkreis Wittmund?- Wattenrat-Beitrag im „Anzeiger für Harlingerland“, redaktionell gekürzt

Das geldgeile „Windkraft-Scheißerle“: Schon vor fast dreißig Jahren gab es Proteste – Ein Plakat von 1994 gegen den Windpark Utgast/Gem. Holtgast/LK Wittmund, gegen die finanzielle Einflussnahme auf den Gemeinderat durch den Hersteller und die Landschaftszerstörung (Archiv Wattenrat)

Eine Redakteurin der Lokalzeitung „Anzeiger für Harlingerland“ in Wittmund (seit 2022 Teil der Nordwest Zeitung in Oldenburg) fragte am 06. Februar 2023 beim Wattenrat an,  „was Sie davon halten, dass mehr Windkraftanlagen aufgestellt werden. Und wie der Wattenrat es sieht, dass für den Bau weniger Naturschutzhürden genommen werden müssen? Brauchen wir hier an der Nordsee eigentlich noch mehr Anlagen? Was sind die Folgen? „

Nachfolgend meine Antwort aus dem Wattenrat-Büro in Holtgast, die allerdings für die Zeitungsveröffentlichung für den 09. Februar von der Redaktion stark „entschärft“ und gekürzt wurde.

Auf die Kürzung wurde im Zeitungstext hingewiesen und ein Link zum Wattenrat gesetzt. Der nichtveröffentlichte Teil des Wattenrat-Statements ist kursiv dargestellt:

Statement des Wattenrates:

Das „Wind-an-Land-Gesetz“ der „grün“ dominierten Ampel-Bundesregierung begründet das Gesetz u.a. so: „Der Ausbau der Windenergie ist entscheidend, um die Unabhängigkeit von fossilen Importen zu stärken und die Klimaziele zu erreichen.“ Aus diesem Grunde sollen die Länder nun per Gesetz verpflichtet werden 2,2 Prozent ihrer Fläche für Windkraft auszuweisen. Für Niedersachsen heißt das doppelt so viel Flächen wie die bisherigen 1,1 Prozent.

Die früheren Genehmigungshürden des Naturschutz- und Planungsrechts wurde dafür von der Ampelregierung in nie dagewesenem Umfang abgebaut, ein Frontalangriff auf den Natur- und Landschaftsschutz, und das mit starkem Druck und Unterstützung der Partei Bündnis90/Die Grünen, die lediglich 14,8 Prozent der Stimmen bei der letzten Bundestagswahl erhielt! So werden z.B. Vogellebensräume sogar in europäischen Vogelschutzgebieten für Windkraftanlagen geöffnet.

Ich frage mich, warum der Städte- und Gemeindebund nicht rechtlich gegen die Vorgaben des Wind-an-Land-Gesetzes vorgeht, weil doch die neuen gesetzlichen Flächenvorgaben deutlich in die kommunale Selbstverwaltung eingreifen. Die großen Naturschutzverbände müssten eigentlich Sturm laufen.

Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine wird nun als Vorwand herangezogen, um noch mehr Windenergie als vorgeblichen Ersatz für ausbleibende Gas- oder Öllieferungen als Energieträger für Deutschland zu installieren. Gas aus Russland steht noch nicht einmal auf der Sanktionsliste der EU, es ist ein freiwilliger Boykott, der die Wirtschaft und die Stromversorgung gefährdet. Es ist ein absehbares hausgemachtes Problem der EU, das durch Ersatzlieferung von teurem Flüssiggas mit Schiffen aus den USA, Katar und über Drittländer sogar aus Russland kompensiert werden soll. Die Sprengung der Nordstream-Pipline hat das Gas-Problem noch verschärft. Geopolitik wirkt sich also bis auf den Landkreis Wittmund aus, nicht nur auf die Geldbörsen der Gas- und Stromkunden.

Die neue Gesetzeslage weckt wiederum Begehrlichkeiten der Windkraft-Investoren, die ich als Kriegsgewinnler bezeichne. Das Argument, Windenergie als Ersatz für Gas oder Öl zu verwenden zu können, ist jedoch nicht nur töricht, es geht an der Wirklichkeit vorbei und ist ein vorgeschobenes Argument der Windenergiewirtschaft, die eng mit der Politik verbandelt ist. Windkraftanlagen leisten keinen Beitrag zur Versorgungssicherheit, liefern nicht bedarfsgerecht Strom und sind nicht grundlastfähig. Ihr Beitrag zum Primärenergieverbrauch beträgt ca. 3,5 Prozent. Ob die nur wetterabhängig funktionierenden Anlagen Auswirkungen auf die Wetterlagen und in der Folge auf das Klima („Klimaschutz“) haben, ist mehr als fraglich.

Im Internet kann man sich Ganglinien der Wind- oder Solarstromeinspeisung ansehen. Wenn man diese lesen kann, sieht man sofort, dass diese „Erneuerbaren Energien“ zeitweise über mehrere Tage bis Wochen null bis sehr wenig Strom ins Netz einspeisen: bei Schwachwind, Flaute, Dunkelheit oder starker Wolkenbedeckung. Auch hunderttausend Windkraftanlagen liefern bei dann keinen Strom. Das nennt sich Dunkelflaute, den notwendigen Strom zur Netzstabilität müssen immer noch Gas-, Kohle oder Atomkraftwerke ständig liefern. Kohle- und Atomkraftwerke sollen jedoch vom Netz genommen, dafür müssten vermehrt Gaskraftwerke, die wir nicht haben, gebaut werden. Aber stromfressende Elektroautos sollen die Verbrenner ersetzen. Eine irre, von Ideologie geleitete sog. „Energiewende“, wie nicht nur ich meine.

In der Samtgemeinde Esens z.B. sind bereits mehr als 4 Prozent der Fläche mit Windkraftwerken überbaut, so z.B. der riesige Windpark Utgast in Holtgast auf zwei Quadratkilometern Fläche, vom Landkreis entgegen naturschutzfachlicher gesetzlicher Vorgaben viel zu dicht direkt an einem europäischen Vogelschutzgebiet genehmigt. Die Motivation für noch mehr Windkraftanlagen im Kreis- oder Gemeindegebiet ist zweifellos der Köder Geld, es sollen Gewerbesteuer winken oder Beteiligungen an sog. „Bürgerwindparks“.

Bemerkenswerterweise wird die von Harald Hinrichs initiierte Bürgerbefragung in der Samtgemeinde Esens aus 2016 gar nicht mehr erwähnt, die sich deutlich mehrheitlich gegen weitere Windkraftanlagen im Gemeindegebiet ausgesprochen hatte. In Stedesdorf und Dunum wird bereits konkret für zusätzliche Anlagen geplant, in Dunum sogar in einem Landschaftsschutzgebiet; die früheren dortigen Planungen wurden damals vom Landkreis abgelehnt. Auch auf der Insel Langeoog im „Weltnaturerbe“ und Nationalpark möchte man nun Windkraftanlagen, andere Inseln werden folgen. Schon heute klagen viele Anwohner von Windparks über den unerträglichen Lärm, der krank macht, das ist für Politiker offenbar überhaupt kein Thema mehr. Und wie man eine viel beworbene Urlaubslandschaft an der Küste mit einer bereits bestehenden sehr hohen Dichte an Windparks noch weiter mit Windkraftanlagen zustellen will, erschließt sich mir nicht, es muss am Köder Geld und dem angenehmen Klima auf den Betreiberkonten liegen.

Nachtrag:

In derselben Ausgabe der Zeitung wird auf Seite 1 berichtet:

„Windkraft-Soll im Kreis Wittmund bereits erfüllt“

Es wird berichtet, durch das Windkraft-an-Land-Gesetz seien im Landkreis bis 2026 insgensamt 1,5 der Flächen für die Windenergienutzung auszuweisen. Der Landkreis habe mitgeteilt, dass dieses Ziel bereits mit zwei Prozent erreicht sei: „Es werde daher sehr wahrscheinlich zu keiner Flächensuche durch die Behörde kommen“, so der Bericht. Dennoch hält Landrat Holger Heymann (SPD) eine Hintertür für die möglicherweise windbegierigen Kommunen auf: „Landrat Holger Heymann betont, dass Gemeinden eigenständig Potenzialflächen für Windenergie ausweisen können, denn die Planungshoheit liegt nach wie vor bei der Kommunen.“

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